Einen Tag nach Verabschiedung des Bundesbedarfsplangesetzes durch den Deutschen Bundestag hatten die vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber vor wenigen Tagen den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplans (NEP) Strom 2035 veröffentlicht. Er blickt weit in die Zukunft – bis auf das Jahr 2040.
Bis 2035 sind laut TenneT rund knapp 600 Kilometer an Netzverstärkungs- und Netzausbaumaßnahmen im 380-kV-Drehstromnetz erforderlich. Im TenneT-Netzgebiet beschränke sich dies auf den Neubau oder die Erweiterung von Umspannwerken – insbesondere im Großraum Frankfurt, in Aschaffenburg sowie einzelne Maßnahmen in Niedersachsen. Zwar seien die Netzanalysen für 2040 noch nicht vollständig abgeschlossen. „Die Übertragungsnetzbetreiber sind sich aber einig, dass unter den Annahmen des NEP über zwei Projekte in Niedersachsen und Hessen hinaus keine weiteren Gleichstromleitungen bis 2040 erforderlich sind“, schreibt TenneT.
Der Netzausbaubedarf über den Bundesbedarfsplan 2021 hinaus steige bis 2035 trotz des weiteren ehrgeizigen Ausbaus erneuerbarer Energien nur moderat an. Daher halten die Übertragungsnetzbetreiber auch einen dritten „SuedLink“-Strang sowohl mit Blick auf 2035 als auch mit Blick auf 2040 für nicht erforderlich. Stattdessen stelle sich eine Gleichstrom-Querspange von Schleswig-Holstein nach Mecklenburg-Vorpommern (DC31 Heide/West – Klein Rogahn) als sinnvoll heraus. Durch die Verknüpfung mit der gerade vom Bundestag beschlossenen „SuedOstLink“-Erweiterung (DC20 im NEP, Vorhaben 5a im BBP) könne so Windstrom von der Westküste Schleswig-Holsteins bis in den Raum Landshut transportiert werden.
Der Bau der geplanten 380-kV-Wechselstromleitung P43 von Mecklar in Hessen über Dipperz (bei Fulda) nach Bergrheinfeld (im Landkreis Schweinfurt) ist durch die Verabschiedung des Bundesbedarfsplangesetzes nun beschlossene Sache. Alexander Hoffmann und seine unterfränkischen Kolleginnen Dr. Anja Weisgerber und Dorothee Bär hatten zwar nie den Bedarf der Trasse angezweifelt, jedoch ihren geplanten Verlauf massiv kritisiert. „Ich verstehe noch immer nicht, warum eine Stromleitung, von der vornehmlich der Rhein-Main-Raum profitiert, nicht auch einfach in Hessen verlaufen kann, wie es bei den Überlegungen zur sogenannten modifizierten P43 ursprünglich der Fall war“, so Alexander Hoffmann.
Er hatte daher gemeinsam mit Weisgerber und Bär im Spätsommer 2020 ein Gespräch mit Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier geführt. Auf Initiative der unterfränkischen Bundestagsabgeordneten waren im September 2020 auch die Landräte der betroffenen Regionen, Florian Töpper (Schweinfurt), Thomas Bold (Bad Kissingen), Thomas Habermann (Rhön-Grabfeld) und Sabine Sitter (Main-Spessart) sowie Bergrheinfelds Bürgermeister Ulrich Werner nach Berlin gekommen. In einem mehr als zweistündigen Gespräch mit Thomas Bareiß, dem Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, hatten die Mandatsträger erneut ihre Argumente gegen die P43 vorgebracht und Bundeswirtschaftsminister Altmaier und seinen Staatssekretär mit Nachdruck aufgefordert, auch die Trassenvariante P43mod, die Unterfranken weitaus weniger belastet hätte, als mögliche Alternative in den neuen Bundesbedarfsplan aufzunehmen. „Dies ist jedoch trotz all unserer Bemühungen leider nicht geschehen“ bedauert MdB Hoffmann.
Begründet wurde dies von Seiten der Bundesregierung damit, dass sich Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger bereits im Jahr 2019 mit seinen Ministerkollegen aus Hessen, Thüringen sowie dem Bund darauf verständigt hatte, die P43 mit Endpunkt in Bergrheinfeld zu realisieren. Im Gegenzug wurde vereinbart, dass dafür die geplante Wechselstromleitung P 44 ersatzlos wegfällt. „Herr Aiwanger war es also, der die P43 nicht verhindert und zugleich vollmundig eine Erdverkabelung der Leitung versprochen hat“, stellt Alexander Hoffmann klar. Diese Möglichkeit bestehe zwar grundsätzlich, sei aber bis jetzt in Deutschland erst ein einziges Mal gemacht worden bei einer 380-kV-Wechselstromleitung. Nach Aussagen von Experten können Wechselstromleitungen wie die P43 nur in wenigen Kilometer langen Teilabschnitten erdverkabelt werden. „So einfach, wie Herr Aiwanger sich das vorgestellt hat, dürfte es also sicherlich nicht werden“, sagt Hoffmann. „Doch wir nehmen ihn beim Wort; er muss dann liefern, sollte die P43 tatsächlich kommen.“